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Der Ferres-Fonds

Carsten Maschmeyer machte als "Finanzoptimierer" Millionen und wurde damit zumindest in Hannover ein Star. Jetzt taucht der als Geschäftsmann umstrittene "Champion der Klinkenputzer" plötzlich an der Seite von Veronica Ferres auf.


Foto: Siebbi

Von Reinhold Rühl                         

Die Eilenriede ist Hannovers grüne Lunge. Erholungssuchende schätzen den Stadtwald wegen seiner stillen Wege und Makler wegen den angrenzenden Wohngebieten, die zu den teuersten Lagen der niedersächsischen Landeshauptstadt zählen. Das war nicht immer so: Vor über 300 Jahren trieb dort der Räuber Jaspar Hanebuth sein Unwesen. Nach diesem berüchtigten Mann wurde eine Straße als Hanebuthwinkel benannt. Angesichts der Historie eigentlich keine gute Adresse für einen Unternehmer, der im Geldgewerbe tätig ist. Oder gerade doch?

Durch den Hanebuthwinkel jagen im Juli 2008 ein gutes Dutzend Nobelkarossen, halten in der Einfahrt des Walmdach-Bungalows von Carsten Maschmeyer, millionenschwerer Chef des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD), seit Anfang Februar 2009 besser bekannt als "Maschi", der Neue von Vroni.

Bevor Maschmeyer die Schauspielerin an diesem Abend treffen wird, entsteigen den Limousinen erst einmal ein paar altbekannte Gesichter: Altbundeskanzler Gerhard Schröder mit seiner Frau Doris, Franz Vranitzky, einst Bundeskanzler Österreichs und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan, ehemals Generalsekretär der Vereinen Nationen sowie ein paar Finanzmanager und Wirtschaftsexperten. Bert Rürup etwa, Regierungsberater und Erfinder der sogenannten Rürup-Rente. Sie alle wollen mit Maschmeyer auf seine Firma anstoßen, die der smarte Selfmade-Millionär mit dem dezenten Oberlippenbart vor 20 Jahren gegründet hatte.

Eine Firma, die Versicherungen, Bausparverträge und Investmentfonds unter die Leute bringt. Manchmal mit beinharten Methoden. Doch davon ist heute keine Rede. Auch nicht davon, dass in Amerika Fondsmanager erste schlaflose Nächte durchleiden. Die Finanzkrise wirft ihre Schatten voraus, aber hier gibt es bretonischen Hummer und Taubenbrust. Zu Harfenklängen parliert die Runde über die Weltlage. Einige der VIPs haben ihre Ehefrauen mitgebracht. Maschmeyer, 49, ist dagegen solo. Die Hausherrin des parkähnlichen Anwesens (zwei Pools, Fitnessraum, respektabler Weinkeller) fehlt in der Runde. Denn Ehefrau Bettina lebt seit Längerem mit den beiden gemeinsamen Söhnen in Südfrankreich. Die Scheidung, heißt es, sei nur einer Frage der Zeit.

Jubelparty mit Superstars

Doch heute, am 5. Juli 2008, wird gefeiert. Erst Mittags beim Lunch mit Schröder & Co, dann abends in einer Hannoveraner Mehrzweckhalle bei einer Jubiläumsparty der Superlative. Fast 10.000 Gäste sind geladen, die meisten von ihnen sind Mitarbeiter von Maschmeyers Firma AWD. Weltstars wie Seal, Pink, Nelly Furtado, Mel C und die Scorpions treten auf.

Unter den vielen Prominenten: Veronica Ferres. Der 43 Jahre alte Fernsehstar posiert neben dem Scorpions-Bandleader Klaus Meine, lächelt mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) und dem Schauspieler Heiner Lauterbach in die Kameras. Als die Frau an der Seite von Carsten Maschmeyer fällt sie da noch nicht auf.

Seit der vergangenen Woche ist das anders, seitdem ein Reporter von "Bild" die beiden zusammen in Südafrika entdeckte. Ferres dreht dort den ZDF-Zweiteiler „Das Geheimnis der Wale“, den pikanterweise ihr Mann Martin Krug koproduziert. Erst vor drei Monaten gaben die beiden via "Bild" ihre Trennung bekannt.

Wer aber ist Carsten Maschmeyer? Der umtriebige Manager gilt in der Finanzbranche als eine der schillerndsten Persönlichkeiten. Beim breiten Publikum treten wohl eher seine mehr als 6000 Vertreter in Erscheinung, die als „unabhängige Finanzoptimierer“ die Wohnzimmer der etwa zwei Millionen Kunden heimsuchen. Aus diesem Grund nennt man ihn auch „Champion der Klinkenputzer“ oder, wie einst eine deutsche Wirtschaftszeitung, den „Rattenfänger von Hannover“.

Jagd auf Provisionen

Ursprünglich wollte der frühere Mittelstrecken-Läufer Arzt werden. Doch er landete im Finanzgewerbe und gründete sein eigenes Finanzvertriebsunternehmen: den Allgemeinen Wirtschaftsdienst. Unabhängig von Versicherungsunternehmen sollte dieser AWD agieren - eine Waffe im Konkurrenzkampf mit anderen Finanzdienstleistern.

Verbraucherschützer schmähten die AWD-Vertriebstruppen schnell als provisionshungrige Drückerkolonne. Doch Carsten Maschmeyer lässt die Kritik kalt. „Wir nehmen unsere Kunden an die Hand und führen sie durch das Dickicht der Absicherungs- und Vorsorgeangebote“, lautet eines seiner Mantras.

Trotzdem rieten manche AWD-Berater zu dubiosen Geldanlagen. Einer von ihnen überredete etwa die Verkäuferin Astrid Kruse-Störmann in den 90er Jahren zum Kauf einer vermeintlich todsicheren Anlage mit Steuerspareffekt. Doch der Fonds krachte zusammen. Insgesamt 50.000 Euro büßte die Anlegerin ein. Kein Einzelfall: 14.000 solcher und ähnlicher Fondsbeteiligungen hatten AWD-Berater in den 90er-Jahren verkauft. Das zumindest gab die Firma in einem Börsenprospekt zu. Seit mehreren Jahren gibt es gerichtliche Auseinandersetzungen mit enttäuschten Anlegern. „Der AWD hat in der Vergangenheit immer wieder Produkte des Grauen Kapitalmarktes beworben“, sagt der Wirtschaftsdetektiv Medard Fuchsgruber. Für die Berater lohne sich das Geschäft, denn für die Vermittlung dieser Fonds habe es „weitaus mehr Provisionen gegeben als für die Vermittlung von normalen Lebensversicherungen“.

Thomas Gottschalk: "Take me higher Maschmeyer"

Aber selbst mit den eigenen Beratern bekommt Maschmeyer Probleme. Da sie als Selbständige arbeiten, erhalten sie weder ein Festgehalt noch einen Zuschuss zur Sozialversicherung „Nur wer verkauft, erhält Abschluss-Provisionen, kann seine Betriebskosten decken und Geld verdienen“, sagt Ingrid Benecke vom Verein der ehemaligen AWD-Mitarbeiter. Für sie und ihren Mann endete die Karriere dort in einem Desaster: Die ehemaligen Büroleiter mussten ihr Haus im Sauerland verkaufen und haben Rentenansprüche eingebüßt. Sie hielten den Druck beim AWD nicht stand.

Heute bezeichnet sich der AWD mit zuletzt 762 Millionen Euro Umsatz als „größter unabhängiger Finanzdienstleister in Europa“. Konkurrenten halten das für Etikettenschwindel. Nicht zuletzt deshalb, weil Maschmeyer im Jahr 2008 einen Teil seines Aktienpaketes an den großen Schweizer Lebensversicherer, Swiss Life, verkaufte. Der Konzern, heute Mehrheitsaktionär des AWD, zahlte ihm dafür 232 Millionen Euro.

Der Reichtum macht für Maschmeyer vieles möglich. Einen Auftritt von Thomas Gottschalk zum Beispiel. Bei der AWD-Geburtstagsfeier feuerte der die Gäste an: „Take me higher Maschmeyer“. Und auch Fußballgrößen des Bundesligisten Hannover 96 machen schon mal Bücklinge, wenn Carsten Maschmeyer die Hannoveraner Society in seinen Privatpark bittet. Martin Kind, Hörgerätehersteller und Präsident von Hannover 96, zählt zu seinem Freundeskreis. Unter ihm hat der AWD 2002 mit viel Geld die Namensrechte am traditionsreichen Niedersachsenstadion gekauft. Maschmeyers Netz in Hannover ist dicht gewebt und hochkarätig.
 

 
                                                                                        Infografik: Vanity Fair/Sabine Hecher

Auch Gerhard Schröder (SPD) schätzt privat die Gesellschaft von Maschi, der sich wie der Altkanzler aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hatte. Schröder verdankt dem Finanzmogul eine 650.000 Mark teure Wahlkampagne, die Maschmeyer vor der Landtagswahl 1998 in Niedersachsen in zahlreichen Tageszeitungen anonym schaltete: „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein.“ Als Kanzler machte Schröder ihm und damit auch der gesamten Finanzbranche ein feines Geschenk: Bei der staatlich subventionierten privaten Altersvorsorge kassieren Finanzvermittler einen Teil der Beiträge als Provision, machen dadurch fette Gewinne - wie bei der Rürup-Rente. Deren Erfinder Bert Rürup wird künftig auf der Gehaltsliste des AWD stehen: als frisch ernannter Chefökonom. Volker Pietsch, Chef des Deutschen Instituts für Anlegerschutz (DIAS), ist schon gespannt, wer „als nächster Politiker die Seiten wechselt.“

Béla Anda, Schröders Regierungssprecher, hat dies längst hinter sich. 2006 wurde der frühere "Bild"-Redakteur Kommunikations-Direktor beim AWD. Es könnte gut sein, dass in den kommenden Wochen eine Menge Arbeit auf ihn zukommt. Allerdings geht es dann mehr um Ferres als um Fonds.

aus: Vanity Fair 8/2009

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