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Nur der Chef sahnt ab

Wie dubiose Vertriebsfirmen Geld machen

Hunderttausende von Bürgern geraten jedes Jahr in die Netze fragwürdiger Vertriebsfirmen. Fast unbemerkt haben sich diese Firmen nach dem Schneeballprinzip ausgebreitet. Überteuerte Bauprojekte, unrentable Lebensversicherungen, minderwertige Kosmetika - das gehört zur Angebotspalette im Strukturvertrieb, so der Fachjargon.

Zum System der Vertriebsfirmen gehört es, dass sie auch Kunden ködern, als Vertreter mitzuarbeiten. Großspurige Versprechungen wie teure Autos, Erholungsreisen zu exotischen Zielen als Belohnung für den geschäftlichen Erfolg verlocken viele zum Mitmachen. Dazu kommen noch wohlklingende Titel wie Gebietsleiter oder Bezirksdirektor. Der Traum vom schnell verdienten Geld wird für viele der meist ahnungslosen jungen Leute schnell zum Albtraum: Sie sind verkettet in einer gnadenlosen Hierarchie - ähnlich wie in einer Sekte - mit finanzieller und psychischer Abhängigkeit.

Über das Innenleben dieser mehr als tausend deutschen Vertriebsfirmen dringt nur wenig an die Öffentlichkeit - aus gutem Grund. Denn die Mitarbeiter werden mit psychologischen Tricks angelockt und in einem ausgeklügelten Schulungssystem gezwungen, an ihren Kunden zum Täter zu werden.

Spitzenleute aus der Szene packen aus

Für viele dieser "Strukkis" (Szenejargon) endet die Karriere mit dem Offenbarungseid: Der als Anlageberater zur Schau getragene Lebensstil wurde über Kredite finanziert. Abkassiert wird dagegen von den Chefs der Vertriebsfirmen. Manche haben mit Versicherungspolicen, Eigentumswohnungen oder Geldanlageprojekten Milliardenbeträge umgesetzt.



AWD-Gründer Carsten Maschmeyer  (Szenenfoto aus ZDF-Zündstoff)              

Die Sendung Zündstoff geht der Frage nach, warum diese Firmen bereits viele Bereiche der Wirtschaft unterwandern konnten. Zündstoff-Autor Reinhold Rühl schildert am Beispiel von Betroffenen aus unterschiedlichen Branchen, wie die neuen Geldsekten arbeiten, mit welchen Methoden Mitarbeiter rekrutiert und wie Aussteiger mundtod gemacht werden. Dabei kommen auch Spitzenleute aus der "Strukki"-Szene zu Wort, die erstmals auspacken. 

Buch und Regie: Reinhold Rühl

dokumacher
Sendung ZDF-Zündstoff Redaktion Walter Mischo
Länge 45 Minuten Erstsend. 05.01.1994
Kamera Dan-Jan Och u.a. Zuschauer 4,01 Mio.
Schnitt Gisela Lucàcsi Marktanteil 20,4 %

 



Pressestimmen:


"Vieles in Reinhold Rühls spannender Reportage über die 'Drückerkolonnen' erinnerte fatal an die Verhältnisse in religiösen Sekten". 
(Frankfurter Rundschau, 07. 01.1994)

"Selten hat man die windigen Geschäftspraktiken, mit denen Milliarden gescheffelt werden, besser durchleuchtet gesehen als in Reinhold Rühls Dokumentation; gleich reihenweise packten ehemalige Firmenmitarbeiter aus und straften die Werbefilme Lügen. Ein fleißig recherchierter Report voll haarsträubender Einblicke, allen Ahnungslosen hoffentlich zur Warnung".
(Hamburger Abendblatt, 7.01.1994)

"Rühl nennt klar Roß und Reiter, läßt aber beide zu Wort kommen. Manager können auf Anschuldigungen antworten. So sie wollen. Sie wollen nicht immer. Rühl wird sich trotz dieser Ausgewogenheit die Ungnade der Chefs zugezogen haben: falsche Darstellung werden sie klagen. Denn der Film wird ihnen zu genau gewesen sein, weil er sie nicht kommentiert, sondern zitiert."
(Berliner Zeitung, 7.01.1994)

 

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