Falschspiel ohne Grenzen |
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Mal eben 40.000 Euro verdienen, ohne den Finger krumm machen! So genannte Schenkkreise versprechen das. Verbraucherschützer und die Polizei warnen vor dieser Abzock-Masche – meist vergeblich: Die „wundersame Geldvermehrung“ verbreitet sich wie ein Virus in ganz Deutschland. Allein im Rheinland, so schätzen Experten, gibt es vermutlich 20.000 Mitspieler in verschiedenen Systemen. Das Prinzip funktioniert so ähnlich wie bei Kettenbriefen. Erst einmal selbst einzahlen, dann neue Mitglieder werben, und dann kommt der Reichtum wie von selber. Theoretisch. Praktisch machen nur wenige den Reibach. Die meisten verlieren ihr Geld. Zum Beispiel in München. In der traditionellen Großgaststätte Nockherberg trifft sich jeden Sonntag das "Zukunftsprojekt Deutschland". Hinter dem hochtrabenden Namen verbirgt sich eine höchst dubiose Veranstaltung. Reingelassen werden nur Teilnehmer, die auf einer Gästeliste stehen. Kameras sind hier nicht erwünscht. Das bekommt auch das Team von Kabel 1 zu spüren, das zwei ehemalige Teilnehmer zu der Veranstaltung begleitet. Die beiden Aussteiger wollen Interessenten warnen, beim Zukunftsprojekt Deutschland" einzusteigen. Drinnen auf der Bühne wechseln 40.000 Euro den Besitzer. Schätzungsweise 600 Menschen klatschen begeistert Beifall. Der Reporter filmt als vermeintlicher Interessent mit versteckter Kamera. Jeder Teilnehmer möchte einmal beschenkt werden. Doch das gelingt nur den sogenannten Chartführern. Sie stehen an erster Stelle eines Spielplans und werden von den folgenden Mitspielern mit jeweils 5.000 Euro beschenkt. "Das ist reine Gehirnwäsche", sagt Robert Kiefl, der beim Zukunftsprojekt Deutschland viel Geld verloren hat. Sein Bekannter, ebenfalls Aussteiger, war "einfach hellauf begeistert. Diese Stimmung, diese Euphorie die da verbreitet wird, die reißt einen einfach mit." |
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Sendung | Kabel 1 - Das Magazin | Redaktion | Hendrik Niederhoff |
Länge | 10 Minuten | Schnitt | Frank Gassmann |
Kamera | Ralf Weiss | Erstsendung | 25.02.2007 |
Sogenannte Schenkkreise haben kein Anrecht darauf, bei ihren fragwürdigen Spielen nach dem Schneeballsystem unbeobachtet zu bleiben. Fernsehsender dürfen sogar mit heimlich gedrehten Filmen über diese Machenschaften aufklären. Das ist das Ergebnis eines Prozesses vor der Pressekammer des Landgerichtes München I, den die Initiatoren des im Film gezeigten "Zukunftsprojekt Deutschland" angestrengt hatten. Das Gericht entschied zu Gunsten der Berichterstattung und äußerte auch Verständnis dafür, dass Fernsehsender derartige Reportagen "nicht wie die Tagesschau vor 30 Jahren mit Standbildern illustrieren", schreibt die Süddeutsche Zeitung über das Verfahren
(Az.: 9 O 1898/07).
Bereits 2004 hatten Schenkkreis-Initiatoren den Journalisten Reinhold Rühl verklagt und nach einer Sendung im ZDF Schadensersatz verlangt. Die Klage wurde vom Landgericht München abgewiesen. Mehr darüber lesen Sie hier.